Pfingstwanderfahrt 2013: von Trier nach Traben-Trarbach

Toll sieht das Wetter ja nicht eben aus, als ich am Steg stehe und den im Nieselregen entschwindenden Booten nachwinke. In bunte Regencapes gehüllt, mit Vereinsfahne am Boot und mit den farbig lackierten Holz-Skulls – vor der eher trüben Mosel leuchten die drei Boote in bunten Farben. Ich wäre so gerneschon mit an Bord, aber leider muss ich am nächsten Tag noch ein Blockseminar halten. Andererseits ist die Vorfreude ja bekanntlich die schönste Freude … und das Wetter ist sogar schon ein wenig besser als noch vor einer Stunde, als wir das Gepäck verladen und die letzten Vorbereitungen getroffen haben. Das lässt hoffen für die nächsten Tage – und in der Tat bewahrheitete sich der Trend, denn trockenen Fußes bzw. Hauptes erreichte die Gruppe nur anderthalb Stunden später Longuich, das erste Etappenziel.

Die von Ingrid und Volker sehr schön gewählte Unterkunft, der “Brühler Hof” in Wintrich, sollte die Basisstation für die nächsten Tage sein. Das gemeinsam genossene Essen, so habe ich mir zumindest sagen lassen, muss lecker gewesen sein; auf jeden Fall eine gute Basis, um noch ein wenig beisammen zu sitzen, zu erzählen und natürlich viel miteinander zu lachen. Aber nicht zu lange, denn am nächsten Tag stand schließlich eine längere Etappe auf dem Plan … und frühes Aufstehen gehört da nun mal dazu, auch wenn einige Nachteulen sicherlich nichts dagegen gehabt hätten, noch ein wenig liegen zu bleiben!

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Aber spätestens, sobald man wieder im Boot sitzt, ist das vergessen. Morgens nach dem Ablegen auf dem Fluss zu sein, zu sehen, wie der Himmel langsam aufreißt und der Sonne Platz macht … Ute beschreibt das als den Moment, an dem sie genau weiß, warum sie so gerne auf Ruderwanderfahrt geht. In der Tat entwickelte die Sonne an diesem Samstag ungeahnte Kräfte (wie ich völlig neidlos aus dem Fenster des Seminarraums beobachten konnte …)! Wenn Engel reisen – da meinte es der heilige Edwin wohl gut mit den Ruderern! Nicht ganz so gut meinten es indes die Schleusenwarte, die nicht umsonst das Wort “Warte!” in ihrer Berufsbezeichnung tragen. Aber sobald man mal in der Schleuse drin war und die Wände immer höher wurden, konnte man sich die Zeit immerhin mit schallendem Gesang vertreiben – unter Evas Dirigat sogar im Kanon! Abenteuerliches kam mir außerdem von Helena zu Ohren, die einem nur allzu menschlichen Bedürfnis in Ermangelung eines Bootsstegs erst nach einer waghalsigen Kletterpartie nachkommen konnte … Beweisfotos gibt es meines Wissens aus Diskretionsgründen keine ;-)

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Sankt Edwin 

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Die Mittagspause sollte ursprünglich in Klüsserath stattfinden, aber auch dort stellte sich das Hänsel-und-Gretel-Problem: kein Steg und keine Brücken! Aber wenn es bei so herrlichem Wetter so gut läuft, macht das gar nichts, denn die nächste Anlegestelle kommt bestimmt – in diesem Fall in Leiwen, wo der flexible und dabei trotzdem immer entspannte Landdienst, bestehend aus Volker und Werner, schon ein reichhaltiges Picknick vorbereitet hatte. Den inoffiziellen Titel “Gourmet-Wanderfahrt” trug die Tour definitiv nicht umsonst, sodass gefährliche Kaloriendefizite gerade noch rechtzeitig ausgeglichen bzw. präventiv verhindert werden konnten. Derart gestärkt, wäre das ursprüngliche Ziel Neumagen wohl zu niedrig gesteckt gewesen; und da außerdem ein Wetterwechsel angekündigt war, bot es sich an, direkt bis Minheim weiter zu fahren, wo Boote und Skulls bis zum nächsten Tag im Gras auf die Ruderer warteten. Eva, die nachmittags mit dem Rudern aussetzte (es war ja immerhin auch schon ihre 13. Wanderfahrt), nutzte das schöne Wetter für eine Tour mit dem Faltrad, sicherlich auch nicht die schlechteste Alternative!

Abends stieß ich dann endlich auch dazu – nach einer kleinen Odyssee, in deren Zuge ich fast schon ernsthafte Zweifel an der Existenz dieses Ortes namens Wintrich bekommen hätte: Denn eine Bahnstation gab es nicht, aber der freundliche Bahnbeamte fand mit Hilfe seines Smartphones dann doch die ungefähre Lage des Ortes heraus. Der tiefenentspannte junge Taxifahrer, der an dem Wochenende für das Unternehmen seiner Eltern arbeitete, machte wahrscheinlich das Geschäft seines Lebens, als er mich dann von Wittlich nach Wintrich kutschierte ;-) Pünktlich zum Essen traf ich ein – köstliches frisch gebackenes Brot und leckerer Spargel, ein gelungener Einstieg! Im Anschluss an das Essen zog die Jugend (der jüngere Teil aus einer Gesamtaltersspanne von 30 bis 70) noch um die Häuser respektive in die Straußwirtschaften, wo wir uns von dem weinbauerischen Können der Jungwinzer (einschließlich ihrer interessanten Flaschenetiketten) überzeugen konnten … vielen Dank an Andrea, Volker, Werner, Petra und wer sonst auch immer am Auffindeprozess beteiligt war, dass ich im Anschluss daran nicht noch mein Gepäck suchen musste ;-)

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Weiter ging’s dann am nächsten Morgen. Die schweren Holz-Skulls sind noch mal ein ganz anderes Kaliber als unser übliches luxuriöses Gerät, und die noch nicht ganz überstandene Bettschwere trug auch nicht eben zum schön koordinierten Rudern bei. Aber egal, Spaß machte es trotzdem! Sobald man sich dann im gleichmäßigen Takt gefunden hatte, war es herrlich, die Gedanken schweifen zu lassen; besser kann man kaum von Alltagsstress abschalten, so brachte es Uschi auf den Punkt. Auch am Sonntag (übrigens dem Geburtstag des Heiligen Edwin!) waren wieder Schleusen zu überwinden, die zahlreiche Motive für interessante Algen- und Schleimfotos lieferten und deren Wände von unserem (mehr oder weniger melodischen ;-)) Gesang widerhallten. Sämtliche Sorgen, dass die Picknickvorräte am zweiten Tag erschöpft sein könnten, waren glücklicherweise unbegründet, und die Ruderkolleginnen und -kollegen, an deren Bootshaus wir Mittagsrast machten, hießen uns herzlich willkommen. 

Doch allzu lange wollten wir nicht rasten, denn unser Schönwetterloch sollte leider nicht von Dauer sein: Allmählich zog sich der Himmel zu, und zu allem Übel war uns auch noch das Hochwasser auf den Fersen! Das machte sich beim Rudern deutlich bemerkbar: Mit einem unglaublichen Tempo rasten wir die Mosel hinunter, sodass wir schon einen Tag früher als geplant unseren Zielort Traben-Trarbach erreichten (die meisten im Boot, einzelne Damen, die hier nicht namentlich genannt werden wollen, auch schwimmend, nach einem kunstvollen Sprung “Geglittene Schraube vom Boot mit Verknotung im Rollsitz”. Immerhin weiß ich nun, warum in den Informationsschreiben so explizit auf trockene Ersatzkleidung hingewiesen wurde ;-))

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Dass wir so früh ankamen, hatte aber definitiv sein Gutes: Denn am nächsten Tag wäre es in Anbetracht der starken Strömung unmöglich gewesen, weiter zu rudern. Schon abends regnete es in Strömen (zum Glück nicht in dem netten Weinkeller, wo wir den nahtlosen Übergang von Edwins in meinen Geburtstag feierten), und am nächsten Tag konnten wir während der Busfahrt nach Traben-Trarbach beobachten, wie Autos vom Abschleppdienst vor der steigenden Flut in Sicherheit gebracht wurden … man konnte wirklich zusehen, wie das Wasser wuchs! Zum Glück ließ der Regen etwas nach, während wir die Boote abriggerten (das Geburtstagsgeschenk, ein handlicher 10-er Schlüssel, kam dabei gleich zum Einsatz!) und auf den Hänger verluden. Am Bootshaus trafen wir dann auf eine im Wortsinn gestrandete Ruderergruppe aus Bonn, die vor den Fluten bei uns Schutz gesucht hatten: Zu dem Zeitpunkt konnte man unseren Steg schon nicht mehr betreten, er lag mindestens einen halben Meter unter Wasser …

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Die Zeit, die wir am Vortag gewonnen hatten, nutzten wir nun zumindest zu einem abschließenden Sektempfang im Clubhaus und zum Verzehr der noch übrig gebliebenen Picknickvorräte, sodass wir die ereignisreichen Tage entspannt ausklingen lassen konnten. Es war eine schöne Tour! Besonders danken möchte ich Ingrid und Volker für die Organisation der Tour (es war klasse!), dann Werner und noch mal Volker für ihre gute Laune beim Landdienst, die sich nicht davon aus der Ruhe bringen ließen, wenn die Anlegepläne mal wieder über den Haufen geworfen wurden, sondern uns dann einfach einen Steg weiter mit einem Lächeln erwarteten. Und natürlich geht ein Dankeschön an alle, die mitgerudert sind und das Pfingstwochenende zu einem so schönen und unvergesslichen Ereignis gemacht haben. Es war toll, und ich bin sicherlich nicht die einzige, die im nächsten Jahr auf jeden Fall wieder dabei sein wird! :-)

Tanja