Das große Rennenvon Anita Koschorrek-Müller
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© Regattaverein Saar e.V.; www.monkey-jumble.de |
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Nervös tänzelt unser „Draco“ auf den Wellen der Saar. Wir haben unsere Startposition eingenommen. Alle Boote warten auf den Startschuss. Ein gewaltiger Donnerschlag zerreißt die angespannte Ruhe über dem Flusstal. Über 800 Stechpaddel tauchen in das trübe Wasser des Flusses und jede Mannschaft versucht ihr Boot voranzutreiben. Ein Massenstart mit 44 Booten ist eine heikle Angelegenheit. Alle physikalischen Gesetze sind außer Kraft gesetzt und die Fluten des kleinen Flusses kochen. Wir sind als Boot Nr. 36 gestartet und haben das ganze Feld vor uns. Beim letzten Training, im heimischen Trier auf der Mosel, haben wir scherzhaft gemeint, dass wir das Feld von hinten aufrollen werden, aber letztendlich froh sind, wenn wir bis zum Schluss durchhalten und, mit etwas Glück, nicht letzter werden. |
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Wir geben alles! Marion, unsere Steuerfrau, bestimmt die Taktik. Erst mal versuchen, sich aus dem Getümmel an den Wenden herauszuhalten. Wir fahren unser Rennen, unseren Rhythmus. Lea an der Trommel legt sich richtig ins Zeug. Feuert uns an, übernimmt das Tempo, das Tania und Hanns-Peter am Schlag vorgeben. „Eins, zwei, drei …. lange Züge, vier, fünf, sechs …“ Wir verfolgen ein Boot und versuchen durch einen kleinen Zwischenspurt näher heran zukommen. „Und zwanzig mit mehr Kraft, in sieben, acht, neun, zehn.“ Kraftvoll, mit Anriss, tauchen die zwanzig Stechpaddel in den Fluss und ziehen durch, um sofort wieder synchron einzutauchen. Unser Draco pirscht sich heran, schiebt sich an dem Konkurrenten vorbei. |
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Die erste Wende naht. Wir haben eine gute Ausgangsposition und können unseren Platz halten. Wellen schlagen ins Boot. Die Pumpen im Rumpf des Drachen arbeiten reibungslos und befördern das Saarwasser zurück in den Fluss. Ein Gegner versinkt in den Fluten. Dort scheinen die Pumpen versagt zu haben. Ein anderes Boot ist nach der ersten Wende gekentert. Nun kommt die schier endlose Distanz von 3,6 km bis zur zweiten Wende. Ein neuer Gegner hat sich bei uns eingeschlichen, „der innere Schweinehund“, und der muss niedergekämpft werden. „Eins, zwei, drei, vier … „ Lea schreit sich die Seele aus dem Leib! „Ihr schafft das! Nicht nachlassen! Druck halten!“ Die Mannschaft keucht, kämpft sich Meter um Meter weiter. Doch das Rennen ist noch lange nicht zu Ende. Die großen gelben Markierungen der zweiten Wende tauchen vor uns auf. Das Gedränge ist groß. Die Wende gelingt, dank unserer Steuerfrau, ohne Probleme. Wir liegen mit drei anderen Drachenbooten gleich auf und liefern uns ein spannendes Rennen. Die Boote ziehen sich gegenseitig an. Manchmal ist der Abstand zwischen den einzelnen Booten so gering, dass die Paddel sich berühren und klackend gegeneinander schlagen. Die Steuerleute geben ihr Bestes um Kollisionen zu vermeiden. Dieses Kopf-an-Kopf-Rennen spornt an, mobilisiert die Kräfte. Jetzt nur nicht vom Geschrei der anderen Trommler ablenken lassen. Jeder achtet auf seinen Vordermann. „Lang! Lang! Weiter so! Wir schaffen das!“ Schaffen wir das wirklich? Die letzte Wende ist nicht mehr fern und dann noch anderthalb Kilometer bis zum Ziel. „Eins, zwei, drei, vier, fünf …, weiter so! Zack! Zack! Zack!“ Nachdem wir die gelbe Markierung der Wende umschifft haben, geht es zum Endspurt. Doch was ist los? Trotz Mobilisierung der allerletzten Kräfte kommt unser Draco nicht mehr auf Touren. Draco hat Durst und durstige Drachen fliegen langsamer! Bei der letzten Wende kam es zu einem Zusammenstoß mit einem anderen Drachen und unser Draco hat eine aufs Maul gekriegt. Jetzt lässt er den Kopf hängen und säuft gierig das Wasser der Saar. Gutes Zureden hilft da nichts. Der Kopf bleibt unten. Wir paddeln, als ginge es um unser Leben. Ab und zu ertönt ein Schrei aus dem Bauch des Drachen: „Kiste!“ „Kiste“, heißt das Zauberwort, das ungeahnte Kräfte freisetzt. Was es mit der „Kiste“ auf sich hat, bleibt allerdings unser Geheimnis. Wir sind am Ziel! Die Mannschaft jubelt! Wir haben es geschafft! Etwas steifbeinig steigen wir aus unserem Draco Treverorum, klatschen ab und liegen uns in den Armen. Das Saarwasser rinnt aus den Klamotten. Unser Ziel, die Distanz von 11 Kilometern in weniger als einer Stunde zurückzulegen haben wir geschafft und wir haben den 8. Platz von 14 Teilnehmern in unserer Kategorie erreicht. Das ist mehr, als wir gehofft hatten. Nachdem das Boot auf den Hänger geladen ist und wir trockene Klamotten anhaben, knallen die Sektkorken und unser Schlachtruf schallt über die Saar: „Draco - dummel deisch! Draco – dummel deisch! Draco – dummel deisch! Siehr! Siehr! Siehr!“
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Nächstes Jahr, am 8. Oktober 2016, wollen wir wieder mitmachen, beim Monkey Jumble in Saarbrücken, Europas größte Drachenboot-Langstreckenregatta. Wer bei uns mitpaddeln möchte, ist jederzeit herzlich willkommen und kann sich zum Schnupperpaddeln anmelden. Und wer fleißig trainiert hat auch die Chance in unserem Mehrgenerationen-Boot (Altersunterschied 45 Jahre) beim nächsten großen Rennen mit an Bord zu sein. AHOI!
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