Vor einem Jahr hatten mir Ruderfreunde aus Rostock vorgeschlagen, es doch einmal mit einer Wanderfahrt auf der Mecklenburgischen Seenplatte zu versuchen. Die Idee fand Anklang bei den Freunden des Wanderruderns in der RGT.
So brachen wir in der Fronleichnams-Woche auf - nach Mirow im Süden Mecklenburgs - 13 Ruderer und 2 „Schlachtenbummler“. Mirow ist ein Ort südlich der Müritz in einem Gebiet, das sich die Mecklenburger Kleinseenplatte nennt. Natürlich war die Anfahrt weit (ca. 850km) – aber ohne Boote im Schlepp ging es schneller. Die Boote konnten wir uns beim RV „Blau Weiß“ Mirow leihen. Der kleine Verein hat ein wunderbar großes Gelände mit viel Platz für Gäste und sehr viele schöne Boote. Gleich nach unserer Ankunft war unsere Betreuung Claudia da zur Einweisung. Die Boote wurden aus der Halle geholt, auf die Wiese gelegt und alles Material zusammengesucht. Es gab zwei Vierer und einen Zweier mit Steuermann (ein Kunststoffboot und zwei wunderbar gepflegte Klinker-Boote). Sie waren zwar schwer (da breit und mit Bodenbrettern) - aber wenn viele mithelfen und es eine Rolle gibt, klappt das. Im Wasser lagen sie jedenfalls prima und hielten auch bei Wind gut Kurs. Und sie waren auch eine gute Basis für Sonderaktivitäten, z.B. Olivers Kopfstand, oder das Stehen im Boot zum Entspannen der Sitzflächen.
Unser Hotel war die Alte Schlossbrauerei, ganz in der Nähe des Vereins. Man konnte sogar problemlos hinschwimmen, was eifrig genutzt wurde.
Die Ruderer waren begeistert – Frühstück gab es im Hotel erst ab 8Uhr. Daher konnte einen die Fahrtenleitung nicht so früh rausscheuchen! Also ging es immer „erst“ gegen 9h30 in die Boote. Erstes Ziel zum Einrudern: der Mirowkanal Richtung Müritz und Gaarzer Mühle. Das hatte sich die Fahrtenleitung so schön ausgedacht. Aber gleich hinter Mirow kam eine Schleuse; als wir um die Ecke bogen – zwei rote Lichter und eine lange Reihe von Motorbooten, die aufs Schleusen warteten. Nachdem eine Weile nix passierte, rief Wadim bei der Schleuse an und fand heraus, dass sie für mindestens eine Stunde noch kaputt war. In der Zwischenzeit kam es zu lebhaften Dialogen zwischen feiner Muskelkraft und grober Motorkraft – man merkte, die Nerven einiger Wartender waren ob der Sonne etwas angespannt. Aber bei der RGT sind wir ja flexibel. Wir überließen die Wartenden ihrem Schicksal, drehten um und fuhren einfach nach Norden. Kartenmaterial war an Bord und so ging es zum ersten Highlight der Tour – das Rudern durch das Seerosen Paradise. Die Seen der „Alten Fahrt“ (das war vor dem Kanalbau der Weg zur Müritz) sind durch kleine Kanäle verbunden an deren Ein und Ausfahrten sich riesige Felder von Seerosen ausbreiten. Und auch in den Kanälen gleitet man vorbei an ganzen Teppichen blühender Seerosen – wunderschön!
Auf dieser WF gab es eine Menge Neuerungen: Der sonst so reich gedeckte Tisch der RuderGourmetTour wurde abgelöst durch ein Picknick am Imbiss-Stand oder in der Fischbraterei. Bei „Paddel-Paule“ gab es heute z.B. Soljanka.
Und weiter ging es durch Kanäle, bei denen die am Wasser stehenden Bäume ein komplett geschlossenes Dach bildeten und die Wurzeln wie Mangroven aussahen – toll! Hier war dann auch der Wendepunkt der Tour - 23km war am Ende des ersten Tages geschafft.
Dank Uwes Initiative, zu Hause rechtzeitig auf die Weinsituation im Fahrtengebiet aufmerksam zu machen und um „milde Gaben“ zu bitten, waren wir abends immer „flüssig“ und konnten den Tag am Seeufer bei einem schönen Gläschen ausklingen lassen. Kleiner Minuspunkt: Wir waren leider auch für die Mücken sehr interessant.
Heute war ein sportlicher Rudertag angesagt: die Rätzsee-Umfahrt. 35km mit Wind und Wellen. Und wir realisierten, wie wichtig navigieren auf dieser Fahrt war. Die Mosel runter ist ja einfach. Hier hieß es nach Seezeichen Ausschau halten, um die Einfahrt zu einem Kanal zu finden. Anfangs sagte meine Steuerfrau noch: „das muss da vorne am FKK Camping rein gehen“, bis wir realisierten, dass es davon zahlreiche gab – ein Erbe aus früheren Zeiten. Eine Besonderheit des Tages: drei unserer „Novizen“ hatten sich für den Zweier gemeldet und erlebten viele Dinge zum ersten Mal – z.B. die Diemitzer Schleuse. In Canow gab es Fischbrötchen frisch aus einer Räucherei. Weiter durch Kanäle und über windige Seen. Am Ende des Tages hatten alle den Befehl „Ruder lang“ ausgiebig trainiert, mit dem viele Engstellen gemeistert wurden. Auch für die anderen Widrigkeiten des Ruderlebens fanden sich schnell Lösungen: eine verlorene Dollenmutter konnte aus Bordmitteln ersetzt werden. Das Umtragen an der Fleether Mühle erleichterte uns Uwe, indem er charmant einen Paddler überzeugte, uns seinen kleine Bootswagen auszuleihen; damit waren die Boote nur noch halb so schwer. Aber dann: die letzten Kilometer wurden lang und länger (am Ende standen 35km auf der Uhr), der Zeitplan geriet aus den Fugen und das gebuchte Abendessen verschwand am Horizont („Küche macht um 20:30 zu“). Aber Ulrike wusste Rat: Jobst wurde gebeten als „ad-hoc“ Landdienst auf die Suche nach einem Alternativlokal zu gehen – und war mit dem „Blauen Hirschen“ erfolgreich. Im Speiseraum lachte sogar ein Ruderer von einem riesigen Wandfoto auf uns herab.
Heute wurde der Plan vom ersten Tag verwirklicht – schleusen in Mirow, rudern durch den Mirowkanal - Pause bei der Gaarzer Mühle (dieses Mal war ein Café das Ziel). Dann drehten wir wieder um (der Vortag steckte allen noch in den Knochen) und hatten doch am Ende 23km gerudert. Die Hitze führte bei einigen Steuerleuten zu einer akuten Rot-Grün Schwäche (die korrekte Unterscheidung von Backbord und Steuerbord im Ruderboot ist einfach zu schwierig). Zum Abendessen begaben wir uns in den Biergarten der Fleether Mühle – dieses Mal von der Landseite per PKW auf viel Kopfsteinpflaster. Wunderbare Atmosphäre am kleinen Kanal bei Sonnenuntergang.
Leider mussten uns Oliver und Lena vorzeitig verlassen, da ihre Dienstpläne keinen freien Montag erlaubten. So fuhren wir mit den beiden Vierern zum „Scharzer See“. In Schwarz angekommen empfing uns ein wunderbarer Badestrand – und die halbe Mannschaft sprang ins kühle Nass. Die Pizzeria am Ufer versorgte uns mit einigen „Pizza to share“ und natürlich: Gelato!
Nach 26km waren wir zurück in Mirow. Und vier Tage voll Sonne und ganz neuer und besonderer Eindrücke gingen zu Ende. Wir hatten vier Neulinge dabei (Karin, Martin, Markus und Wadim), die gleich toll mitgezogen haben – fliegender Start sozusagen. So ist mir um den Wanderfahrten-„Nachwuchs“ nicht bange.
Wadim mit seiner umfangreichen Foto- und Filmausrüstung versuchte uns immer ins rechte Bild zu rücken - seine Fotos sahen manchmal wie von einer Drohne aufgenommen aus.
Ein besonderer Dank gilt auch Ulrike, die bei der Planung geholfen und die Gaststätten vorgebucht hatte, damit wir mit 15 Personen Platz fanden.
Zusammenfassend kann man mit Uwe sagen: „Es war magisch, mystisch, monumental“. Wir kommen bestimmt wieder!
Bericht: Burkhard